Eye on Ingredients: Die Wahrheit über rohen Kakao

Roher Kakao ist vielleicht der köstlichste, aber auch einer der umstrittensten Rohstoffe. Das Internet ist voll von Fakten über Schokolade und ich fand, es sei an der Zeit herauszufinden, wie gut roher Kakao tatsächlich für uns ist. Bezüglich der gesunden Eigenschaften von rohem Kakao finden sich im Internet als auch auf den Schokoladenverpackungen viele irreführende Informationen. Während dunkle Schokolade (mit 70 % Kakao) als gesund verstanden wird1, bleiben doch viele Fragen zu naturbelassenem Kakao als Inhaltsstoff unbeantwortet.

Was bedeutet ‘roh’?

Der Trend zu rohen, naturbelassenen Inhaltsstoffen lässt sich auf vielen Etiketten erkennen. Allerdings sollte an dieser Stelle deutlich gemacht werden, dass es keinen offiziellen Standard für rohe Produkte gibt. Selbst innerhalb der Raw Food-Community lautet die einzige Regel, dass die Inhaltsstoffe nur minimal erhitzt werden dürfen. Aber wie kann das auf Kakao zutreffen? Bereits in antiken Kulturen war Kakao bekannt (oder wurde sogar als Währung eingesetzt), aber nicht als rohes Produkt. Vielmehr gab es bereits damals ein großes Wissen um Fermentation sowie Röstung der Kakaobohnen.

Roher Kakao vs. Cocoa

Eigentlich das gleiche und doch anders: abgesehen von den verdrehten Vokalen, werden die beiden Inhaltsstoffe unterschiedlich stark erhitzt.

Wie bereits erwähnt, bezieht sich roh als Attribut darauf, dass das Produkt auf nicht mehr als 43°C bzw. 118 F erhitzt werden darf. Im Fall von rohem Kakao implementiert das auch, dass die Kakaobohne nicht geröstet wird. Roher Kakao ist demnach eine kalt-gepresste, ungeröstete Form der Kakaobohne. Die in der Bohne befindlichen Enzyme bleiben intakt, ebenso die vielen Mineralien wie Zink, Magnesium und Calcium.

Bei Cocoa hingegen handelt es sich um die geröstete Version der Kakaobohne. Bei dieser Form der Verarbeitung sinkt der Nährstoffgehalt, da die Struktur der Kakaobohne auf molekularer Ebene verändert wird: Enzyme und andere Nährstoffe werden teilweise zerstört.

Die Schattenseite des rohen Kakaos

Obwohl man natürlich sofort denkt, roher bzw. naturbelassener Kakao sei die beste Wahl, gibt es doch einige nicht zu ignorierende Risiken.

Laut der National Confectioners Association (so etwas wie ein Verband Süßwarenhersteller) sind die rohen, ungerösteten und unerhitzten Kakaobohnen anfällig für Bakterienbefall und Entwicklung giftiger Inhaltsstoffe.

Über die Hälfte der Fermentationsbakterien produzieren Mykotoxine, dabei handelt es sich um für das bloße Auge unsichtbare Schimmelpilze, die Nahrungsmittel kontaminieren. Werden die Bohnen also nicht geröstet, wie es bei rohem Kakao der Fall ist, bleiben diese Mykotoxine enthalten. Alfatoxin sowie Ochratoxin sind zwei dieser Schimmelpilze, die laut der World Health Organisation (WHO) folgende Risiken bergen:

  • Neurotoxisch (zerstört Nervengewebe)

  • Immunsuppressiv (schwächt das Immunsystem)

  • Genotoxisch (kann die DNA schädigen)

  • Karzinogen (krebserregend)

  • Teratogen (fruchtschädigend)

Daher ist Rösten Wichtig, da nur so die Mikroben abgetötet werden, die giftigen Schimmel produzieren.

Neben Schimmelpilzbefall besteht auch die Gefahr der Kontamination durch Salmonellen 4. Obwohl Salmonellen meistens mit rohem Hühnerfleisch oder Hühnereiern assoziiert werden, wurden diese Bakterien auch in rohem Kakao gefunden. Meistens kommen die Kakaobohne während des Trocknungsprozesses oder der Lagerung mit Salmonellen verseuchten Wasser in Kontakt oder werden gar durch Kreuzkontamination mit tierischen Exkrementen verseucht. Während der Verarbeitung der Kakaobohnen sind diese demnach besonders anfällig für den Befall von Erregern, die schwer krank machen können.

Angesichts dessen, möchte ich euch dennoch nicht von dem Genuss von Kakao oder rohem Kakao abhalten. Es sollte nur gesagt sein, dass Trockenröstung der beste Weg ist, um Bakterien und andere Krankheitserreger abzutöten. Des Weiteren ist Kakao nach der Röstung weniger bitter und die­ Schokoladen-Aromen kommen besser zur Geltung. Außerdem mindert Kakao, ungeachtet eines möglichen Mikrobenbefalls, das Risiko von Herzkrankheiten, was in vielen Studien über dunkle Schokolade bewiesen wurde.

Die gesundheitsfördernde Wirkung dunkler Schokolade

Der gesunde Effekt von Schokolade findet sich natürlich nicht in Zucker überladener weißer oder Vollmilch-Schokolade. Dunkle Schokolade, mit einem Kakaogehalt von mindestens 70 % und ohne Alkalisierung (auch Dutching genannt) hergestellt, senkt bewiesenermaßen das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankung. Das liegt vor allem an dem hohen Gehalt an Antioxidantien.

Cholesterol

Der hohe Anteil an Antioxidantien in dunkler Schokolade neutralisiert Zellschäden durch freie Radikale. Außerdem balanciert es den Cholesterol-Spiegel aus, indem eine Oxidation des schädlichen LDL-Cholesterol verhindert wird, das gute HDL-Cholesterol allerdings unverändert bleibt5. Gewebeschäden werden verhindert, das Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls wird reduziert.

Blutdruck

Flavonole sind aktive, pflanzliche Antioxidantien, deren Konzentration in Kakao besonders hoch ist. Eine chemische Reaktion mit diesen Flavonolen senkt den Blutdruck6. Auch die im Kakao enthaltenen Theobromine haben diesen arterienentspannenden Effekt. Es gibt aber auch einen negativen Effekt dieser Theobromine: da es – ähnlich wie Koffein – auch stimulierend wirkt, kann es bei Sensibilität oder zu hoher Konzentration zu Hyperaktivität führen. Wie auch bei grünem Tee, gilt also Genuss in Maßen, um von den positiven Effekten zu profitieren.

Hautbild

Die bereits erwähnten Vorteile von Kakao bzw. dunkler Schokolade, vor allem der hohe Anteil an Antioxidantien und die Durchblutungsverbesserung, wirken sich auch positiv auf das Hautbild aus. Vor allem die Flavonole schützen vor Sonnenschäden 7. Eine nette Belohnung zusätzlich zum Sonnenschutz.

Alle Schokolade wird aus rohen Kakaobohnen hergestellt, in den Bohnen konzentrieren sich also alle gesunden Eigenschaften. Ich persönlich respektiere die Herstellungsmethode der Maya und anderer antiken Kulturen und bevorzuge verarbeiteten Kakao, also nicht-roh. Unter Berücksichtigung aller Untersuchungsergebnisse, wird deutlich, dass der Genuss dunkler Schokolade vor allem der Herzgesundheit zuträglich ist. Ernährungswissenschaftliche Studien empfehlen 2 Stücke dunkle Schokolade mit mindestens 70 % Kakaoanteil täglich. Ich bevorzuge einige Stücken 85%-kakaohaltiger Schokolade als tägliche Genuss-Medizin.

Update:

Einige von euch hatten Fragen zum Thema roher Kakao, da dieser auch als Inhaltsstoff in unserer Kosmetik auftaucht. Deshalb habe ich einen Abschnitt hinzugefügt, um eure Fragen zu beantworten. Dr. Alkaitis zum Beispiel ist eine zu 100% ganzheitliche Bio-Hautpflege, deren Gründer nach dem Motto lebt: „Wenn man es nicht essen kann, dann sollte man es sich auch nicht auf die Haut auftragen.” Ich mag diese Denkweise und natürlich kommen da eure Fragen direkt ins Spiel. Wenn wir uns nicht sicher sind, ob wir rohen Kakao essen sollten, sollten wir ihn dann also auf unsere Haut auftragen?

Roher Kakao in Kosmetika

Kakaobohnen sind eine reiche Quelle an Flavonoiden und Antioxidantien und werden wegen dieser funktionalen Eigenschaften in der Pharma- und Kosmetikindustrie eingesetzt. Durch den Fermentations- und Röstprozess (der rohen Kakao in normalen umwandelt) werden diese positiven Eigenschaften allerdings verringert. Jetzt erscheint es erstmal logisch, zu denken: Rohstoffe in Kosmetika können nur von Vorteil sein. Allerdings sind, wie bereits erwähnt, die problematischen Mikroben (Pilze & Bakterien) das größte Problem bei rohem Kakao. Doch egal wie viel ich auch recherchiert habe, es gibt wenig bis gar keine Beweise, dass roher Kakao in Kosmetika negative Auswirkungen hat. Das bringt uns zwar etwas näher an die Lösung des Problems, aber damit ist es noch nicht behoben.

Deswegen würde ich gerne hier May Lindstroms Problem Solver als Beispiel nennen. Der dritte Inhaltsstoff in diesem Produkt ist Theobroma Cacao (roher Kakao). Wenn wir uns nun die Liste der Inhaltsstoffe genauer anschauen, dann sehen wir andere botanische Inhaltsstoffe wie: Zimt Zeylanicum (Zimt), Myristica Fragans (Muskatnuss), Syzygium Aromaticum (Nelke), Curcuma Longa (Kurkuma)11,12,13,14. All diese Inhaltsstoffe haben nachgewiesene starke, antimikrobielle Eigenschaften (die Nelke ist besonders wirksam bei lebensmittelbedingten Krankheitserregern 15.)
Ich bin zwar kein Pharmokologe, allerdings würde ich nach Einsicht der Liste der Inhaltsstoffen annehmen, dass die positiven, antimikrobiellen Wirkungen der anderen Inhaltsstoffe den schädlichen Wirkungen des rohen Kakaos entgegenwirken.

Quellen:
1. Dark chocolate (70% cacao) effects human gene expression: Cacao regulates cellular immune response, neural signaling, and sensory perception
2. Fungi and mycotoxins in cocoa: from farm to chocolate.
3. Toxic effects of mycotoxins in humans
4. Is the rise of raw chocolate a safety concern?
5. Plasma LDL and HDL cholesterol and oxidized LDL concentrations are altered in normo- and hypercholesterolemic humans after intake of different levels of cocoa powder.
6. Effects of low habitual cocoa intake on blood pressure and bioactive nitric oxide: a randomized controlled trial
7. Long-term ingestion of high flavanol cocoa provides photoprotection against UV-induced erythema and improves skin condition in women.
8. Georgia Dind 
9. Nation Confectionery Association
10. Cacao biotechnology: current status and future prospects
11. Chemistry, antioxidant and antimicrobial potential of nutmeg (Myristica fragrans Houtt)
12. Antibacterial Effects of Cinnamon: From Farm to Food, Cosmetic and Pharmaceutical Industries
13. A Review on Antibacterial, Antiviral, and Antifungal Activity of Curcumin
14. Antifungal compounds from turmeric and nutmeg with activity against plant pathogens.
15. Antibacterial activity of Syzygium aromaticum (clove) with metal ion effect against food borne pathogens
deutsche Übersetzung × Ruth Labes
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Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde ursprünglich im September 2014 veröffentlicht und im März 2019 aus Gründen der Genauigkeit aktualisiert.

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Lavona Skibisky
6 years ago

Hello, thank you for taking the time to write the article. I am a good food lover and I enjoy baking cake.

Justin Thesis Smith
Admin
6 years ago

Thanks, Lavona! Happy that you found it useful 🙂

Liebe Grüsse! xx

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