Das war nur eine von vielen weiteren Situationen, in der ich kichernde Mädchen erlebte, die über den mysteriösen G-Punkt tuschelten. Früher schon hörte ich davon, dass das Finden des G-Spots als symbolischer Maßstab dafür dient, wie sexuell erfahren die Männer sind. Das wiederum ließ mich glauben, dass ich den Wunderknopf zunächst bei mir selbst finden müsste. Und wenn ich den G-Punkt nicht einmal bei mir selbst finden könne, dann stimmt etwas mit mir und meinem Körper nicht.
Angeblich hat der G-Punkt die Form und Größe einer Walnuss, befindet sich 5-8 cm tief an der vorderen Scheidenwand und reagiert sensibel auf die kleinste Berührung. So war mein Stand der Dinge. Ich habe danach gesucht, wurde aber nicht fündig. Vielen andere Frauen erzählten mir von ähnlichen und extrem frustrierenden Erlebnissen. Es war Freud (wer sonst) der behauptete, dass Frauen zwei Arten von Orgasmen haben können. Einen klitoralen, den er als „unreif“ bezeichnete, sowie einen vaginalen Orgasmus. Letzteren würden nur sexuell erfahrene und erwachsene Frauen erfahren. Er deklarierte das ohne jegliche wissenschaftliche Grundlage und dennoch manifestierte sich die Meinung, dass P-in-V-Orgasmen die „besseren“ wären. Es ist jedoch Tatsache, dass nur etwa ein Viertel aller Frauen einen Orgasmus allein durch Penetration erreichen. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass 75% von uns etwas „falsch“ machen.
Wir sprechen also von einer schwer zu erreichende, erogene Zone in der Vagina, deren Stimulation uns zu einem vaginalen Orgasmus verhilft. Aber existiert die denn auch wirklich? Diese Debatte hat seit der Etablierung des Begriffes „G-Punkt“ im Jahre 1981 nicht an Hitzigkeit verloren. Benannt ist der Punkt nach dem deutschen Frauenarzt Ernst Gräfenberg, der die Zone erstmals in den 1950er Jahren beschrieben hat. Gräfenberg war zudem auch an der Entwicklung der Verhütungsspirale beteiligt. Vor Kurzen wurde die Diskussion um den G-Punkt durch eine im Clincal Anatomy veröffentlichte Studie von Puppo & Puppo 1 angefeuert. Darin wird behauptet, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis für den G-Punkt gebe und somit auch keinen G-Punkt-Orgasmus. Stattdessen argumentiert die Studie, dass wir einen umfassenderen Begriff etablieren sollten: Den weiblichen Orgasmus. Alle Frauen sind theoretisch körperlich dazu in der Lage, durch klitorale Stimulation einen Orgasmus zu erfahren. Andere Studien kommen ebenfalls zu dem Schluss und resümieren, dass der G-Punkt anatomisch nicht existiert. Sogar die Cosmoplitan, die immer gerne G-Punkt-Ratgeber veröffentlichte, hat ihre Meinung zum vaginalen Orgasmus revidiert 2.
Das hält Frauen natürlich nicht davon ab, darauf zu bestehen, dass es den G-Punkt doch gibt. In dem Artikel “Stop Telling Me My G-Spot Doesn’t Exist”, sagt Nicola Jane: “Ich bin es langsam wirklich leid, dass Experten behaupten, ich hätte keine kraftvollen Orgasmen. Die Puppo Studie ist nur eine weitere Studie, die behauptet, dass Frauen ihre sexuelle Erfüllung vor allen in Köpfen erleben.“ Sie ist außerdem der Auffassung, „der G-Punkt ist nur ein weiteres körperliches Merkmal, das von Person zu Person anders ist.“
Und das bringt es sozusagen auf den Punkt, wie ich die Sache sehe: irgendwo dazwischen. Ich glaube, weibliche Sexualität hat viele, wunderschöne Facetten. Und meiner Meinung nach ist es nicht hilfreich, sexuelle Lust in irgendeiner Form zu hierarchisieren. Vielmehr sollten wir uns um ein vielseitigeres Verständnis von Sexualität bemühen. Sex und Sexualität sind sehr subjektiv und jeder Körper reagiert anders. Ich bin nicht hier, um zu behaupten, deine Empfindungen sind nicht real. Wenn für dich die Klitoris die Königin ist, dann ist das toll. Oft vergessen wir jedoch, dass unsere größtes sexuelles Organ unser Gehirn ist und das mag besonders für Frauen gelten. Sexy denken, bedeutet sich sexy fühlen. Ob G-Punkt oder nicht, deine Lust oder sexuelle Freizügigkeit lässt sich nicht anatomisch beweisen. Also lasst uns einfach nicht weiter über einen „magischen“ Knopf diskutierten und einfach nur genießen, was immer sich am besten anfühlt.
Tags: Gesundheit, Liebe, Sexuelle Gesundheit
Emma Stern is an American expat who, 5 years ago, fell in love with the city of Berlin and hasn't been able to stay away ever since. A writer and English editor for the Amazingy magazine, Emma's other interests include film, surrealism, avocados, and barefeet. Emma finds herself in perfect harmony with Amazingy's ethos, as a sustainable lifestyle is at the core of her values. She aims to spread her love for life and art through her quirky writing and upbeat attitude.
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