Wohltätigkeitsaktion: International Women* Space

Für die diesjährige DO GOOD, LOOK GOOD, FEEL AMAZINGY CHARITY BOX freuen wir uns, euch mitteilen zu können, dass wir nicht nur an eine, sondern an ZWEI fantastische Wohltätigkeitsorganisationen spenden werden! Wir haben Interviews geführt, um jede dieser großartigen Organisationen hervorzuheben und euch allen eine Vorstellung von der wunderbaren Arbeit zu geben, die sie leisten, und warum es wichtig ist, sie zu unterstützen ♡ Es freut uns riesig, euch International Women* Space vorstellen zu dürfen – eine feministische und antirassistische politische Organisation mit dem Ziel, die Stimmen von Migrant*innen und geflüchteten Frauen* in Berlin und darüber hinaus zu stärken!

IWS TItle

   

Wie die Geschichte uns lehrt, wurde der erste Entwurf des IWS in Berlin als Erweiterung der Flüchtlingsbewegung von 2012 erstellt, um die Probleme von Migrant*innen und geflüchteten Frauen* durch eine stärker intersektionale Linse zu betrachten. Könnt ihr uns etwas mehr darüber erzählen, wie ihr zu der Entscheidung gekommen seid, euch auf diesen Bereich zu fokussieren und wie ihr das Ganze angegangen seid?


Der International Women* Space startete 2012 als realer physischer Raum, in einer Frauen*etage in der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule. Es war ein Ort, der von und für geflüchtete Frauen* und Migrant*innen geschaffen wurde: Frauen*, für die es wenig Trennung zwischen dem Politischen und dem Privaten gibt; Frauen*, für die ein sicherer und politischer Raum eine Notwendigkeit ist. Durch unsere eigenen Räumlichkeiten konnten wir einige grundlegende Dienstleistungen organisieren und auch anbieten, die ansonsten für geflüchtete Frauen* am Rande der Großstädte nicht zur Verfügung stehen: Kostenloser Deutschunterricht, kostenlose Rechtsberatung, kostenloser Zugang zu Ärzt*innen, kostenlose Essensausgabe (Tafel). Es hat uns auch ermöglicht, Netzwerke zu schaffen, Erfahrungen auszutauschen, uns gegenseitig zu stärken, zu diskutieren und Wissen zu teilen, uns gegenseitig über die Bürokratie und den Alltag in Deutschland zu beraten, soziale Bedürfnisse zu erfüllen, zu organisieren, aktiv zu sein und uns zusammen gegen die intersektionalen Formen der Unterdrückung zu stellen, mit denen wir als geflüchtete Frauen* und Migrant*innen konfrontiert sind. Nach der Räumung der Schule haben wir an verschiedenen Orten gearbeitet, bevor wir 2018 wieder einen eigenen Raum bekommen haben. Unser Ziel ist es, den International Women* Space als Zentrum unserer politischen Arbeit zu sichern und als gesellschaftliches und politisches Zentrum für Frauen* weiterzuentwickeln.

ALS ICH DEUTSCHLAND KAM - Tag 2b (c) Janis

   

Wie hat sich der IWS im Laufe der Jahre entwickelt? Was sind ein paar der größten Hürden, die die Organisation überwinden musste? Was waren entscheidende Momente des Fortschritts und des Erfolgs?


Nach der Räumung der Schule setzten wir unsere Arbeit fort, unsere Geschichten, unser Leben, unsere Existenz mit unseren eigenen Stimmen zu dokumentieren. Wir haben eigenständig zwei Bücher herausgebracht: „In Our Own Words“ und „We Exist, We Are Here“. Die Bücher sind eine Zusammenstellung von Erfahrungsberichten von in Deutschland lebenden Migrantinnen und geflüchteten Frauen*.

ALS ICH DEUTSCHLAND KAM - Buchcover



2017 haben wir die zweitägige Konferenz „Als ich nach Deutschland kam“ organisiert, die mehr als 250 Migrant*innen und geflüchteten Frauen* mit verschiedensten Hintergründen zusammengebracht hat, um Erfahrungen, Kämpfe und Wissen zu teilen und sich miteinander auszutauschen. Wir haben Transkripte der sechs Podiumsdiskussionen, die auf der Konferenz stattfanden, in unserem dritten Buch veröffentlicht.

ALS ICH DEUTSCHLAND KAM - P5 (c) IWS



Im Oktober 2018 sind wir in unser neues Büro umgezogen. Vor Corona waren die Meetings im Büro immer gut besucht und der Ort wurde auch außerhalb „offizieller“ Meetingsregelmäßig genutzt. Wir veranstalten und bieten weiterhin eine Vielzahl von Aktivitäten an, die für die politische Entwicklung und die Sicherheit unserer Gemeinschaft relevant sind. Dazu gehören Workshops, Treffen mit Anwälten, selbstorganisierte Gruppen, Sprachkurse und gesellschaftliche Veranstaltungen. Das Büro unterstützt unsere Projektarbeit in vielerlei Hinsicht: beispielsweise bei unserem kommenden Dokumentarfilm (insbesondere durch die Nutzung unseres eigenen Schnittstudios) und ebenso bei dem Vertrieb unserer Publikationen, unserer Selbstverwaltung, der Bereitstellung von Räumlichkeiten für unsere Finanz- und sonstigen bürokratischen Arbeiten, sowie einen zentralen Ort für unser Archiv.

Die Break Isolation Group (BIG), eine selbstorganisierte Gruppe geflüchteter Frauen* des IWS, wurde 2019 aus dem dringenden Bedarf heraus gegründet, sich politisch zu organisieren – von geflüchteten Frauen* für geflüchtete Frauen* – sowie innerhalb als auch außerhalb des deutschen Asylsystem. BIG organisiert Besuche und Workshops in den Lagern, um die Fähigkeiten von geflüchteten Frauen* und Migrantinnen zu stärken und weiterzuentwickeln. Seit Beginn der Corona-Pandemie konnten wir die Lager nicht mehr besuchen.

BREAK ISOLATION GROUP - Zoom Discussion
BREAK ISOLATION GROUP – Zoom Discussion



Wir erleben derzeit einen kontinuierlichen Anstieg des Rechtsextremismus in Deutschland und darüber hinaus. Am 19. Februar 2020 wurden in der Stadt Hanau 9 Menschen von einem rassistischen Angreifer getötet. Der Täter hatte zwei Orte als Ziel, die überwiegend von Menschen frequentiert werden, welche als nicht-weiß rassifiziert werden. Menschen, die in Deutschland als Person mit „Migrationshintergrund“ bezeichnet werden.

Die rechtspopulistische AfD ist in Sachsen und Brandenburg auf dem Vormarsch. In diesen beiden Bundesstaaten wurden im ersten Halbjahr 2019 609 Übergriffe auf Migranten polizeilich gemeldet. Wir erleben eine stetige Zunahme rassistischer Gewalt im ganzen Land, die maßgeblich durch die rassistische und faschistische Rhetorik der AfD entfacht wird. Dies fordert weiterhin seinen Tribut von uns, unseren Communities und unserer Arbeit. Diese Angriffe zeigen uns, dass wir unsere Netzwerke und unsere Strukturen weiter ausbauen müssen, um uns gegenseitig zu unterstützen und zu stärken. Aber wir müssen der Selbstfürsorge und der Suche nach nachhaltigeren Arbeitsformen gleichermaßen Priorität einräumen.

Eine weitere externe Änderung, die unsere Arbeit betrifft, ist das neue „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“, das im Januar 2020 in Kraft getreten ist und zu einer erhöhten Festnahme und Inhaftierung von Migrant*innen durch den deutschen Staat geführt hat; gleichzeitig hat es die Sozialleistungen für Migrant*innen verringert und die Kriminalisierung zivilgesellschaftlicher Organisationen eingeleitet. Als Ergebnis sehen wir eine Zunahme von Gruppen und Einzelpersonen, die sich an uns wenden, um sich selbst zu organisieren und stärkere Allianzen und Netzwerke aufzubauen.

Mit welchen anderen Wohltätigkeitseinrichtungen / Organisationen arbeitet der IWS derzeit eng zusammen? Mit anderen Worten: Wie „international“ ist die Arbeit geworden?


Ein Beispiel ist die Alliance of Internationalist Feminists – wir bieten jetzt unsere Räumlichkeiten für Treffen der Alliance an. Die Allianz beginnt in der Regel zwei Monate vor den beiden jährlichen Demonstrationen, die wir seit 2014 organisieren, am 8. März und am 25. November. Zwei Monate reichen uns nicht aus, um den unterschiedlichen Anforderungen einer internationalen Allianz gerecht zu werden. Wir müssen unsere Kampagnen gegenseitig vollständig verstehen und wie wir sie konsequent und effektiv auf die Straße bringen können. Dazu müssen wir das ganze Jahr über einen kontinuierlichen und strukturierten Kontakt pflegen.

Wir wurden eingeladen, unsere Bücher in ganz Deutschland ebenso wie in Japan und Weißrussland vorzustellen.

IWS Jennifer & Denise
IWS members Jennifer & Denise



Im Jahr 2019, vom 22.-24. November, nahm eines unserer Mitglieder an der Konferenz „Empowerment of Women with HIV in Eastern Europe“ – organisiert von der Deutschen Aidshilfe – in Minsk, Weißrussland, teil. Der IWS wurde eingeladen, über Feminismus und Selbstorganisation sowie die Bedeutung von Selbstpublikation und Dokumentation zu sprechen. An der Konferenz nahmen rund 100 Frauen* teil, die meisten davon HIV-positiv. Die Zusammenarbeit mit der Deutschen Aidshilfe ist für uns von grundlegender Bedeutung, weil sie uns nicht nur Expertise in Gesundheitsfragen bei sexuell übertragbaren Krankheiten und Drogensucht vermittelt, sondern uns auch mit einer besser ausgestatteten Institution verbindet, um geflüchtete Frauen*, die möglicherweise HIV-positiv sind, zu unterstützen. (Die Veröffentlichung findet ihr hier.)

Im Oktober 2019 wurde eines der IWS-Mitglieder von WIDE+ (einem europäischen Netzwerk von Verbänden und Aktivist*innen, die sich für die Rechte der Frauen* einsetzen) eingeladen, sich einer Gruppe Europa vertretender Feminist*innen während einer eintägigen Veranstaltung der UN zum Aufbau von politischen Bewegung, Lobby-Strategien und Solidaritätsaktionen anzuschließen. An der Veranstaltung nahmen 500 Feminist*innen aus 55 verschiedenen Ländern teil, um Forderungen zu diskutieren, die auf dem offiziellen Regierungstreffen, dem Beijing+25 Regional Review Meeting, geteilt werden. (Ein Video ihrer Teilnahme ist hier zu sehen.) Seitdem arbeiten wir enger mit WIDE+ zusammen und waren an einigen ihrer Veranstaltungen beteiligt.

Der IWS ist derzeit Teil einer neuen EU Expert*innengruppe einer EU-weiten öffentlichen Konsultation und beteiligt sich an der Entwicklung und Umsetzung von Migrations-, Asyl- und Integrationspolitiken, dessen Ergebnisse in die Entwicklung eines Aktionsplans zur Integration und Inklusion einfließen werden und im Arbeitsprogramm der Kommission angekündigt werden.

Am 11. September 2020 nahmen wir an einem Treffen mit Dr. Franziska Giffey, ehemalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und Dr. Karamba Diaby, Integrationsbeauftragter der SPD-Bundestagsfraktion, teil. Das Treffen wurde als Teil der PAD (People of African Descent) Week initiiert, die wiederum Teil der PAD-Dekade der UN ist. Wir nutzten die Gelegenheit, um über Rassismus, Gewalt und Diskriminierung von Migrant*innen und geflüchteten Menschen zu sprechen.

Diese Frage wird schwierig zu beantworten sein, da es viel zur Auswahl gibt … aber für diejenigen, die ihre Unterstützung aktiver gestalten wollen: Was ist derzeit eines der drängendsten Probleme, mit denen Migrant*innen und Gemeinschaften geflüchteter Menschen im In- und Ausland konfrontiert sind? Wo sollten diejenigen in privilegierten Positionen den Großteil ihrer Ressourcen platzieren?


Das Lagersystem und die Asylpolitik in Deutschland bleiben unsere wichtigsten Kämpfe. Die Dublin-Verordnung hat dazu geführt, dass viele Frauen* illegalisiert wurden und keine Papiere erhielten. Darüber hinaus hat COVID-19 die Situation vieler geflüchteter Frauen* und Migrant*innen generell verschlechtert: erhöhte körperliche und psychische Gesundheitsrisiken, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit sowie der Autonomie von Frauen*, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, wo sie manchmal kleine Räume mit einem gewalttätigen Partner teilen oder in Vollzeit auf die Kinder aufpassen müssen, ohne Zugang zu Kindergärten oder Schulen. Darüber hinaus ist die Zahl der Abschiebungen in dieser Zeit gestiegen. Das bereits erwähnte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ verschärft die Situation von Migrant*innen und geflüchteten Menschen noch mehr. Wir arbeiten aktiv daran, Strategien und Wege zu finden, um uns gegen diese Bedrohungen zu verteidigen.

Die Einschränkungen der Pandemie haben einer Gruppe wie unserer, die stark auf persönliche Treffen und Organisierung, Massendemonstrationen, Kampagnen und persönliche Solidarität angewiesen ist, enorm geschadet. Einigen Frauen* fällt es schwer, an Online-Meetings teilzunehmen, was für uns eine große Herausforderung darstellt. Infolgedessen waren wir nicht in der Lage, uns so zu organisieren, wie wir es zuvor konnten.

IWS reading WE EXIST, WE ARE HERE
IWS members reading “WE EXIST, WE ARE HERE”



Wir glauben, dass diejenigen in privilegierten Positionen daran arbeiten sollten, echte Solidarität zu verwirklichen, indem sie Gelder umverteilen und Privilegien teilen. Es geht dabei um materielle Unterstützung und darum, ihrer bürgerlichen Pflicht zum Abbau rassistischer Strukturen nachzukommen.

COVID-19 hat einen Großteil der Welt in weitere Unordnung gebracht, und marginalisierte Communities haben die volle Wucht dieser Misere erfahren – zusätzlich weiter verstärkt durch einen gravierenden Mangel an systematischer Unterstützung. Unter Berücksichtigung der lähmenden Nachwirkungen dieser Pandemie: Hat der IWS für die nächsten Jahre konkrete Ziele auf der Agenda?



Der IWS setzt sich letztendlich dafür ein, alle Arten von Gewalt gegen Frauen* und insbesondere gegen Migrant*innen und geflüchtete Frauen* zu verhindern. Bisher haben wir in Deutschland keine einzige Studie über Gewalt gegen Migrant*innen und geflüchtete Frauen* im Kontext der Pandemie gesehen. Deshalb planen wir, weiterhin Lager Reports zu produzieren und unseren Podcast IWS Radio weiter voranzutreiben.

IWS RADIO Logo
IWS RADIO #02 - Black Lives Matter! - In The Mediterranean Sea Too



Außerdem planen wir die Einrichtung eines Büros in Eisenhüttenstadt, wo sich die Aufnahmeeinrichtung, für Menschen, die das Asylverfahren beginnen, befindet. Diese Zentren befinden sich immer sehr weit außerhalb der Stadt und der Internetzugang ist für die dort lebenden Menschen begrenzt, sodass die Frauen* in den Lagern von wesentlichen Dienstleistungen und Netzwerken isoliert sind. Das Büro wird Ressourcen und Informationen zu Recht, Gesundheit, Beschäftigung, Wohnen und anderen Angelegenheiten bereitstellen. Die Pandemie hat sehr deutlich gemacht, dass wir in den Lagern präsent sein müssen, um die von ihnen geschaffene Isolation tatsächlich zu durchbrechen.

Der jüngste Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention war ein weiteres wichtiges Ereignis. Als Reaktion darauf wollen wir eine Kampagne über die Istanbul-Konvention und ihre Bedeutung organisieren, insbesondere für die Gewährung von geschlechtsspezifischem Asylschutz für Frauen*.

Und eine letzte Frage: Wer sind ein paar aktivistische Helden (von früher & heute), die für die Mitglieder des IWS-Teams eine Inspirationsquelle sind? ♡




Wangari Maathai

Wangari Maathai (Photographer Unknown)



Kimberlé Krenshaw

Kimberlé Krenshaw (Photographer Unknown)



Angela Davis

Angela Davis (Photographer Unknown)






Der Hälfte vom Erlös der diesjährigen „Do Good, Look Good, Feel Amazingy“ Charity Beauty Box wird an International Women* Space gespendet!

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