Anfangs war es eher eine Schnaps-, Verzeihung eine Bieridee. Die drei Amerikaner David Spengler, Tom Crozier und Matt Walthall arbeiteten als Englischlehrer und Kindergärtner in Berlin und spielten zusammen in einer Band, doch anstelle viel zu musizieren, unterhielten sie sich lieber über Bier. Genauer gesagt über die Sorten, die sie in ihrer neuen Wahlheimat vermissten. Also ein fruchtige Pale Ale oder mutige Seasonal Brews, denn sie waren das immer gleiche deutsche Pils-Helles-Weißbier satt. „Wir fanden die komplizierteste, aber auch unterhaltsamste Lösung für unser Dilemma“, sagt Tom Crozier. Sie wurden Brauer.
Ob Amerikaner das Recht hätten im Land des Reinheitsgebots Bier zu brauen, fragten sie sich oft selbst und behielten ihre Herkunft anfangs für sich. Aber wieso eigentlich? Gab es in den USA in den 70ern nur drei Großbrauereien, die den Markt mit ihrem geschmacksneutralen Bier fluteten, so bevölkern inzwischen über 2400 Mikro-Brauereien das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Die drei Hobbybrauer gefiel der Craft Beer-Trend, der damals langsam auch nach Europa übergriff.
Inspiriert von ihren bierbrauenden Freunden in der Heimat, stellten sich die Drei an den heimischen Herd und zauberten ihr erstes Bier. “Wir hatten vergessen das Kondenszwasser miteinzuberechnen,”erinnert sich David lachend. Statt der anvisierten 20 Liter kamen nur zehn heraus, die waren stark – an Alkohol und Geschmack, so dass die Hobbybrauer angefixt waren.
Keiner der drei hat den Beruf gelernt, daher wurde viel gelesen und im Netz recherchiert. “Zum Glück leben wir in einer Zeit, wo man alles vom Internet lernen kann,” sagt David. Das Trio lernte fleißig aus ihren Fehlern und schließlich schmeckte ihr Bier so vorzüglich, dass es einen Namen und eine eigene Brauerei brauchte. Der Name Vagabund lag für sie schnell auf der Hand. “Ein Vagabund ist einer der loszieht, um Neues zu entdecken, ungezwungen Freundschaft schließt, jemand der überall daheim ist,” beschreibt es David, als ob er von sich und seinen Mitstreitern sprechen würde.
Um ihren Traum von einem so genannten ‘Brewpub’, also einer Kneipe mit Brauerei im Hinterzimmer, zu verwirklichen, brauchten sie 20.000 Fremdkapital für Gärtanks, Pumpen und Zapfanlage, das sie 2013 über Crowdfunding bekommen wollten. Innerhalb von nur zwei Monaten hatten sie das Geld zusammen und waren erstaunt, wer ihre Geldgeber waren. “Wir waren sehr überrascht davon, dass 90 Prozent unserer Investoren Deutsche sind,” sagt David.
Danach ging es mit kleinen Schritten weiter. “Die größte Herausforderung war die Bürokratie,” gesteht David. Der Beruf braucht zwar keinen Meisterbrief und ist ein zulassungsfreies Handwerk, doch nur wenige kennen sich mit dem Papierkram aus. Außerdem brauchten wir die geeignete Immoblie, denn bei Brauerei dachten alle sofort an riesige Backsteinhallen.” Doch eigentlich fehlte nur eine Küche, denn streng genommen ist Vagabund eine so genannte Nano-Brauerei (also noch kleiner als eine Mikrobrauerei), da sie gerademal 180 Liter Bier in der Woche herstellen.
Im Hinterzimmer ihrer Kneipe im Wedding stehen drei riesige Kessel, die wie übergroße Dampfkochtöpfe aussehen. “Wer Brauer werden möchte, muss eines wissen,” erklärt David: “Man muss das Putzen lieben.” Alle Leitungen, Röhren, Kessel und sogar das kleinste Ventil müssen nach jedem Brauvorgang akribisch gereinigt werden, da sonst unerwünschte Bakterien den Geschmackserfolg zunichte machen. Außerdem ist das Maischeumrühren von 60 Litern ein ordentlicher Kraftakt. “Unser wöchentlicher Workout,” nennen sie es daher.
Inwischen haben die Drei nicht nur Mukis und Knowhow, sondern auch Erfolg. So konnte das Trio seine Jobs an den Nagel hängen.
“Wenn ich jetzt sage: Ich bin von Beruf Brauer, komme ich mir schon noch ein bisschen komisch vor, gesteht David.
Doch ihre Kneipe hat inzwischen sieben Tage die Woche geöffnet und zieht eine bunte Mischung aus Szenevolk, Bierliebhabern, Ausländern und Kiezleuten an. Sie bieten vorzügliche Craft Beers wie Imperial India Pale Ale, American Pale Ale und eine Smash Serie bestehend aus Single Malt und Single Hop Bier an. Außerdem kredenzen die experimentierfreudigen Brauer ein Dutzende ausgefallener Biersorten, die sie abwechselnd ausschenken sowie noch einen Kühlschrank voll ausgesuchter Flaschenbiere. Nur zu einem kommen sie nicht mehr: Zum Musikmachen.
Vagabundbrauerei Antwerpenerstr. 3 13353 Berlin
vagabundbrauerei.com Geöffnet täglich ab 17 Uhr
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Tina Molin ist die Neugierde in Person. Daher kaum verwunderlich, dass sie Journalistin geworden ist und nun ihr Leben damit verbringen darf, Menschen Löcher in den Bauch zu fragen. Wenn sie nicht bei Amazingy nachhaltige Brands und innovative Persönlichkeiten porträtiert, schreibt sie an einem Fantasy Romane und bastelt an Mix-Tapes für ihr DJ-Projekt New Glitz on the Block. Sie liebt Glitzer-Makeup und Pandas (übrigens wie ihrer kleine Tochter) und tritt stets mutig zu Selbstversuchen wie ‚No Poo’ und ‚Aluminiumfreies Deo’ an.
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