Lass uns mal reden: Was ist ö-korrekter — Glas oder Plastik?

Der Wecker klingelt und ich mache mich schwungvollen Schrittes auf den Weg ins Bad wo mein Blick natürlich sofort auf meine neuen Hautpflegeprodukte fällt – reichhaltig und rein mit Bio-Inhaltsstoffen und dem Besten, was die Natur zu bieten hat. Aber warte mal – warum halte ich bei all meinem Öko-Bewusstsein einen PLASTIKbehälter in den Händen? Wäre es nicht gesünder für mich (ganz zu schweigen für die Umwelt) wenn all die tollen Cremes, Reiniger oder gar das Wasser, was wir trinken in Glasverpackungen erhältlich wäre? Was ist dran an der heiß diskutierten Debatte um ‚Glas oder Plastik’?

Glas und Plastik haben sehr unterschiedliche Lebenszyklen.

Schauen wir uns mal an, woher die beiden Materialien eigentlich kommen:
Beide stammen aus nichterneuerbaren Ressourcen – Glas wird hauptsächlich aus Kieselerde (also feingemahlenem Sand) und Plastik aus Petrochemikalien (also Öl) hergestellt. Sand ist auf unserem Planeten jedoch im Gegensatz zu Öl noch reichlich vorhanden und die Gewinnung und Verarbeitung von Petrochemikalien bei weitem umweltschädlicher als Sandabbau. Auf der einen Seite ist PET (Polyethylenterephthalat), das Material, aus dem die meisten Wasser- und Softdrink-Flaschen gemacht sind, angeblich eines der umweltfreundlichsten Plastikmaterialien: es setzt keine giftigen Stoffe bei der Verbrennung frei und enthält auch weder Bisphenol-A noch Phtalate, beides gesundheitsschädliche Chemikalien. Bei der Verarbeitung kann jedoch PET-Rohmaterial, d.h. kleine Partikel und sogenannte Pellets, in die Umwelt, wie z.B. den Ozean, gelangen und so ‚umweltfreundlich’ es bei der Verbrennung ist, baut sich Plastik nie wirklich ab und verschmutzt so die Umwelt auf unbestimmte Zeit.

eco friendly plastic

Betrachtet man die Herstellung von Glas andererseits, so muss dafür Sand bei einer Temperatur von über 1500°C erhitzt werden. So wird extrem viel Energie verschwendet. Diese Öfen werden oft mit Öl betrieben, obwohl es manche Ausnahmen gibt, wo natürliches Gas benutzt wird.
Nach der Produktion und vor dem Recycling-Prozess machen sich Glas und Plastik auf zu ihrem Bestimmungsort. Da Glas sehr viel schwerer ist und Glasflaschen voluminöser als Plastikflaschen sind, hinterlässt Glas hier definitiv den größeren CO2-Fußabdruck. Eine schwerere Ladung von voluminösen Gegenständen bedeutet gleichzeitig einen höheren Verbrauch an Kraftstoff, was letztendlich wiederum zur globalen Erwärmung beiträgt. Der Transport von Plastik ist aufgrund seines geringen Gewichts viel Kraftstoffsparender, da es leichter ist und komprimierbar.

Wie sieht es mit der Anwendung und Tauglichkeit im Alltag aus?

Glas ist inert (d.h. es reagiert nicht mit anderen Elementen), ungiftig, leicht zu säubern und instand zu halten. Andererseits ist Glas schwerer zu transportieren und bricht leicht, während Plastik leicht und beständig ist. Plastik ist jedoch nicht so hitzeresistent wie Glas und bei hoher Hitzeeinwirkung, wie z.B. im Ofen oder der Mikrowelle können sich dessen chemische Bestandteile aufspalten und so schädliche Substanzen freisetzen. Umweltbewusst wie wir sind, wollen wir natürlich unsere Glas- und Plastikflaschen wiederverwenden. Kein Problem bei Glas, man füllt einfach den Behälter wieder mit neuem Inhalt auf. Bei Plastik sollte man ein bisschen vorsichtiger sein, da nicht-PET Plastikverpackungen oft nicht für die Aufbewahrung von Nahrung über längere Zeit bestimmt sind und mit der Zeit gefährliche Chemikalien abgeben können.

Recycling von Glas vs. Plastik

Aber lassen wir mal unsere kleinen persönlichen Öko-Bemühungen hinter uns und schauen über den Tellerrand hinaus – bis hin zum Recyclingprozess. Was passiert mit Glas und Plastik im ‚Nachleben’? Der Vorteil beim Recyclingprozess von Glas ist, dass es wiederholt wiederverwertbar ist, ohne an Qualität einzubüßen. Es zersetzt sich nicht und die Verwendung von recycelten Inhalten bei der Glasproduktion spart Energie, da die Herstellungstemperatur niedriger gehalten werden kann. Ein riesiger Vorteil bei Glas ist: es kann unzählige Male recycelt werden und die Qualität des Glases bleibt bestehen. Auch neue Produkte können einfach in recyceltem Glas abgepackt werden. Natürlich wird nicht alles an Glas recycelt, vor allem nicht in Ländern, wo es keinen Flaschenpfand gibt. Dort wird Glas als Zusatzstoff für Asphalt oder Geländeauffüllungen genutzt. Glas braucht ewig um sich zu zersetzen, jedoch stellt es zumindest keine unmittelbare Bedrohung für die Umwelt dar, es ist ja genau genommen nur geschmolzener Sand.

Und Plastik? Plastik ist leicht, einfach zu transportieren und potenziell recycelbar. PET-Flaschen gehen als gutes Beispiel voran: alte PET-Plastikflaschen werden teilweise zu neuen Flaschen recycelt, aber auch zu anderen nützlichen Dingen wie Verpackungen, Füllmaterial oder Textilien, um nur einige zu nennen. Jedoch sind nicht alle Plastikverpackungen aus PET, es gibt sogar viele verschiedene Arten von Plastik und diese können nicht zusammen recycelt werden (daher ein Recycling-Code, der auf Plastikprodukten verzeichnet ist … oder sollten wir besser sagen, verzeichnet sein sollte?!). Durch Faulheit und Nachlässigkeit wir nicht alles Plastik recycelt und so trägt es eher zu wachsenden Mülldeponien bei. Auch wenn neue Studien besagen, dass Plastik doch schneller abgebaut wird, als in den zuvor geschätzten 400 Jahren, bedeutet das nicht unbedingt etwas Gutes. Wie schon erwähnt, können schädliche Chemikalien aus dem Plastik heraustreten und in die Umwelt eindringen, von wo aus sie über Tiere und Pflanzen in unsere Nahrungskette gelangen.

eco friendly plastic

Es gibt jedoch schon gesündere Alternativen.

Ja, die gibt es. Bei der Verbrennung kann Plastik eine saubere und leistungsfähige Quelle von Energie darstellen. Dies muss jedoch in einer kontrollierten Umgebung stattfinden, wie z.B. einer modernen Müllverbrennungsanlage mit Luftreinhaltung. Unter diesen Bedingungen werden bei der Verbrennung von Plastik im Vergleich zu Brennstoffen auf Kohlenstoffbasis wie z.B. Öl oder Kohle weniger schädliche Emissionen freigesetzt. Es findet auch neue Forschung im Bereich der Entwicklung von biologisch abbaubarem Plastik, welches sich in weniger gefährliches Material zersetzt, statt.

Letztendlich fällt es schwer eine Bilanz zu ziehen, wenn man die Auswirkungen von Glas und Plastik auf die Umwelt vergleicht. So viele Faktoren spielen eine Rolle: wo und wie es gewonnen und verarbeitet wird, der Recyclingprozess und, das wahrscheinlich entscheidende Argument, auf welche Weise und wie weit es transportiert wird?

Jeder dieser Faktoren hat Auswirkungen auf die Umwelt und obwohl Glas hinsichtlich der Herstellung und der Wiederverwertung besser abschneidet, wird die vermeintliche Kluft zwischen dem ökologischen Fußabdruck von Glas und Plastik durch lange Transportwege geschmälert.

Was benutzt ihr? Plastik oder Glas? Teilt uns eure Meinung in den Kommentaren mit.

Letzten Endes ist es eine persönliche Entscheidung, denn ohne detailliertes Wissen über den Ursprung und die Produktion, den Transport und Recyclingprozess des Materials, ist es ein nahezu aussichtsloses Unterfangen, eine ökologisch korrekte Entscheidung zu treffen.

Für welche Alternative ihr euch am Ende auch entscheidet — Reduce, Reuse, & Recycle!

Quellen:
http://news.nationalgeographic.com/news/2009/08/090820-plastic-decomposes-oceans-seas.html
http://www.gmagazine.com.au/features/2936/disposable-drink-bottles-plastic-vs-glass-vs-aluminium
http://wasteplastictechnology.blogspot.de/2005/09/myth-on-burning-plastics.html
http://www.ifeu.de/oekobilanzen/pdf/IFEU%20Handreichung%20zur%20Einweg-Mehrweg-Diskussion%20%2813Juli2010%29.pdf
http://www.environmentalleader.com/2008/08/21/raw-sourcing-glass-plastic-or-aluminum/
http://www.factsonpet.com/facts-on-pet/
http://thalex.wordpress.com/2008/04/18/plastik-zerstort-leben/
http://en.wikipedia.org/wiki/Plastic_recycling
http://des.nh.gov/organization/divisions/water/wmb/coastal/trash/documents/marine_debris.pdf
http://www.treehugger.com/culture/ecotip-glass-whats-the-environmental-impact.html
http://www.petrecycling.ch/de/wissen/pet-kreislauf.html
http://www.petresin.org/faq.asp
Notiz: Dieser Artikel erschien bereits im April 2015 und wurde im Mai 2018 überarbeitet und aktualisiert.
Subscribe
Notify of
guest
3 Comments
Inline Feedbacks
View all comments...
Natürlich Schöner
8 years ago

Ich glaube, die Zukunft liegt in Bio-Kunststoff, d.h. Kunststoffen, die aus nachwachsenden Ressourcen hergestellt werden. Bereits heute gibt es gute Ansätze, dieses aus Bambus oder Resten der holzverwertenden Industrie zu generieren (z.B. bei Zahnbürsten).

Letztlich trifft es aber der letzte Punkt am besten: egal was man verwendet, man sollte mit allem sparsam umgehen.

LG Michaela

Jen
Jen
3 years ago

Das ist totaler Unsinn! Biokunststoffe sind bisher Rohrkrepierer, verschmutzen den Biomüll weil kompostierbar draufsteht, aber in Wahrheit müssen sie trotzdem rausgesammelt und verbrannt werden. Dabei wird kompostierbarer Müll mit verbrannt, weil das saubere Trennen zu viel Zeit und Geld kosten würde, also macht es alles nur noch schlimmer. Ähnlich wie “Meeres” Plastik, was angeblich aus dem Meer gefischt wird, in Wahrheit sind das einfach irgendwelche Müllaltlasten. Bambusplastik ist verboten weil es giftig ist, was daran liegt, dass die Mischung aus Bambus und Plastik zu einem ungesunden Plastikmatsch wird, der nicht mal mehr recyclebar ist sondern schlimmer nicht mehr getrennt und… Read more »

Nicole
Nicole
10 years ago

Hallo Lulu,
Vielen Dank für deinen Artikel.
Gerne möchte ich dich auf einen Fehler aufmerksam machen, der folgende Satz: “Was also einst eine Plastikflasche war, wird nie wieder eine Plastikflasche werden.” (und mit ihm der Zusammenhang) ist so nicht korrekt. Siehe dazu: http://www.petrecycling.ch/de/wissen/pet-kreislauf.html
Freundliche Grüsse,
Nicole

3
0
We would love to hear your thoughts ♡x
()
x